Auf diese Idee muss man erst einmal kommen!

Deshalb raus aus Hollywood und Perspektivwechsel in ein idylisches Koblenz. Alles scheint gut, typisch Ferienzeit eben, aber der Schein trügt! In der Rheinzeitung, der täglich neuen Perle journalistischer Schaffenskunst an Rhein, Mosel und darüber hinaus, war eine auf den ersten Blick harmlose Stellenanzeige geschaltet. Soweit nichts ungewöhnliches, aber Zeitungsleser wissen eben nur dann mehr, wenn sie genau lesen! Da stand in sachlicher Aufmachung ein echter Aufreger: Technischer Beamter (A11) Studium Maschinenbau, im Bundesamt für Ausrüstung Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) sucht wegen mangelnder Beschäftigung neuen Wirkungskreis in Vollzeit. Dazu die im Koblenzer Raum berühmt-berüchtigte Vierhunderter-Nummer, tatsächlich mit echter Endanschlussnummer. Ein misslungener Scherz auf Kosten des BAAINBw und seiner Beschäftigten, das war der spontane Eindruck, denn wer als Beschäftigter in der gewerblichen Wirtschaft eine vergleichbare Aktion macht, steht unter Umständen schneller dem Arbeitsmarkt zur Verfügung als vielleicht vermutet. Schnell stellte es sich heraus, diese Einschätzung war falsch. Keinesfalls war die Anzeige als Scherz gemeint, offenbar stecken gezielte Absichten dahinter. Zumindest kurzzeitig war das zu erwartende Sommerloch gefüllt, denn arbeitssuchende Bundesbeamte haben in Koblenz Exotenstatus.

Print wirkt

Dieser Slogan der Zeitungsverleger trifft in diesem Fall zu, leider mit negativem Beigeschmack für die Leser. Welchen Eindruck haben wohl junge Lehrerinnen und Lehrer, die rechtzeitig zu den Ferien entlassen werden, wenn man beim Bund offenbar fürs Nichtstun mit A11 besoldet wird? Was denkt wohl die „Generation Praktikant“, die sich hoch qualifiziert und hart arbeitend von Zeitvertrag zu Zeitvertrag hangeln muss, dabei von einer Festanstellung träumt? Wie begeistert sind wohl die Steuerzahler, die derartige Eskapaden finanzieren dürfen? Und wir fragen lieber nicht unsere Soldatinnen und Soldaten, für die bestmögliche Ausrüstung überlebenswichtig ist, wie sie diesen Sachverhalt bewerten!

„Dahinter steckt immer ein kluger Kopf“

Kann dieser prägende Werbespruch der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf den vorliegenden Fall übertragen werden? Jedenfalls haben die journalistischen Spürhunde der Rheinzeitung schnell Wind von diesem ungewöhnlichen Vorgang bekommen und die heiße Spur aufgenommen, sprich den Inserenten interviewt und das BAAINBw angefragt. Daraus wurde ein Presseartikel mit der Schlagzeile „Kaltgestellt? Beamter will endlich Arbeit“. Vordergründig eine gelungene Symbiose, denn der arbeitssuchende Inserent hat eine öffentliche Plattform für sein Anliegen und die Rheinzeitung hat ein Exklusivthema, weil eben dieser ehemalige Soldat und jetzige Bundesbeamte die übliche Zurückhaltung in dienstlichen Angelegenheiten vermissen lässt. Wabert da doch ein Hauch von Hollywood durch Koblenz, entlarven da ein kritischer „Whistleblower“ und wackere Enthüllungsjournalisten eine verwerfliche Verschwörung? Oder teilt da jemand rücksichtslos aus, reflektiert sein eigenes Verhalten nicht und lässt jegliche Selbstkritik vermissen? Erwartungsgemäß hält sich das BAAINBw öffentlich zurück. “Die darin zu lesende Aussage, dass Beamte unseres Hauses an Unterbeschäftigung leiden, weisen wir zurück.“ Das war die in der Rheinzeitung veröffentlichte Antwort auf deren Anfrage.

Täter oder Opfer, dieser Denkansatz wird dem Problem nicht gerecht

Nach der schonungslosen Eigenwerbung und öffentlichen Selbstpositionierung wird es spannend, ob sich ein anderer Arbeitgeber findet, der dem Arbeitssuchenden eine passende Anstellung anbieten kann. Man kann ihm nur die Daumen drücken und viel Erfolg wünschen. Schließlich ist laut Rheinzeitung bisher nicht gelungen, dem Beamten intern einen Arbeitsplatz zu geben, der seinen Fähigkeiten entspricht. Das stimmt sehr nachdenklich, denn leistungsfähige Laufbahningenieure (m/w) des gehobenen technischen Dienstes sind sehr gesuchte und umworbene Experten mit Karrierechancen wie nie zuvor. Leicht wird die Arbeitssuche im vorliegenden Fall vermutlich nicht, denn der betreffende Beamte hat sich auch in sozialen Medien bemüht, die Schuldfrage aus seiner Sicht darzustellen. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort werden diskreditiert und beschuldigt, ohne über die tatsächliche Möglichkeit zu verfügen, andere Sichtweisen oder Meinungen vertreten zu können. Wer ist nun Täter, wer Opfer, wer mobbt hier wen?

Um den Konflikt konstruktiv aufzulösen, sollte dem Bundesbeamten außerhalb dieser Behörde umgehend ein Neustart ermöglicht werden. Nach „Arbeitsentzug“ im „schwerfälligen Moloch“ in Koblenz und der dortigen „unpassenden“ Arbeitskultur wird sich bundesweit doch etwas Geeignetes finden lassen. Es wäre schade, wenn die Rheinzeitung in naher Zukunft von gefühlten „Strafversetzungen“ im Koblenzer Amt schreiben würde, auch wenn dienstliche Versetzungen objektiv zum Beamtendasein gehören. Maßgeblich ist jedoch nicht das Interesse der Rheinzeitung, sondern es sind entsprechende Gesetze und Regelungen, die für alle Beamtinnen und Beamte gelten. Es ist deshalb gewiss nicht falsch, wenn sich das BAAINBw nicht öffentlich zu den Vorwürfen äußert und das Gespräch mit dem betroffenen Mitarbeiter sucht. Eine interne, vertrauliche Angelegenheit kann sinnvoll nicht in der Öffentlichkeit geregelt werden!

Rumble in the Jungle? - Der Aufruhr, der nicht stattfand

Damit wäre diese unschöne Affäre eigentlich erledigt gewesen. Jedoch, Hartnäckigkeit zeichnet einen guten Journalisten aus, also wurde sprachlich nachgelegt und ein Folgeartikel publiziert. Schließlich hatte die Rheinzeitung einen Aufruhr im BAAINBw ausgemacht, aber darüber gibt es unterschiedliche Wahrnehmungen. Intern war vom herbeigeschriebenen Aufruhr nichts zu spüren.

„Eklatantes Führungsversagen?“

Da in der Vergangenheit das Verhältnis von Rheinzeitung und BWB beiderseits eher distanziert kritisch war, fand sich ein Experte aus dem BAAINBw, der die Rheinzeitung wie gewünscht unterstützte. Journalistisch gekonnt wurde der Eindruck erweckt, dass der Experte nicht nur für sich, sondern für den technischen Dienst spricht, natürlich im Einklang mit den Aussagen unserer Bundeskanzlerin. Die Verbindung vom Einzelfall - dem Stellengesuch - zum Allgemeinfall hat der Experte schnell hergestellt und bescheinigte dem Leitungspersonal in Ministerium und Amt eklatantes Führungsversagen. Es fehlt die Schwerpunktbildung, sagt Koblenzer Experte. Der Ruf ist doppelt lädiert, schreibt die Rheinzeitung. Ach ja, 90 Prozent der Mitarbeiter seien hoch motiviert und sehr fleißig. Was mit den verbleibenden zehn Prozent ist, bleibt offen. „Dass es sich in Koblenz um eine Mammutbehörde handelt, verrät bereits der sperrige Name BAAINBw.“ Aus welchen Quellen diese sensationellen Erkenntnisse stammen, bleibt unerwähnt. Aber wen wundert’s da noch, wenn mehr Transparenz in dieser Beamtenhölle sowieso keine Chance hat, weil es die ehemalige Staatssekretärin, die in Politik und Wirtschaft hohes Ansehen genießt, Mikromanagement eingeführt hat. Eklatantes Führungsversagen?

Keinesfalls sollen hier die Freiheit der Meinung und die journalistische Freiheit auch nur im Geringsten infrage gestellt werden. Jedoch sollten beide Freiheiten verantwortungsvoll genutzt werden, dabei schaden ausgewogene Fakten nicht. Beispielsweise wird das zwingend anzuwendende Vergaberecht von EU und Bund gestaltet, während das BAAINBw als Anwender zwingend daran gebunden ist. Will man dieser Bundesbehörde vorwerfen, dass sie nach Recht und Gesetz handelt? Das BAAINBw deckt den Sachbedarf der Bundeswehr. Was Kommandeure denken, sollte diesen regelmäßig hochrangigen Offizieren überlassen bleiben, denn die können das! Warum wird das so pauschal kritisiert? Was militärische Kommandeure fordern, wird nach bekannten Regularien geprüft und ggf. beschafft. Wenn man dem Bundesrechnungshof glauben darf, in den allermeisten Fällen regelkonform und damit wirtschaftlich.

Eine Frage der Verhandlungstechnik

Wie im richtigen Leben, beispielsweise in der Wirtschaft, ist auch für Menschen, die andere Menschen vertreten wollen, wichtig, sich über die eigene Zielsetzung Klarheit zu verschaffen. Im vorliegenden Fall haben wir ein Musterbeispiel von Aggression, Destruktion und pauschalisierender Fehlinformation, das sich an einen höchst unterschiedlichen Adressatenkreis richtet. Wem nützt dieser öffentliche Angriff? Welche Ziele werden verfolgt, welche Ziele werden erreicht?

„Bundesamt sieht sich am Limit“

„BAAINBw schweigt zu Vorwürfen“, war kurz darauf in der Rheinzeitung zu lesen. Zitiert wurde die Bundesministerin Dr. von der Leyen, die sich schon vor nicht allzu langer Zeit klar zu ihren Mitarbeitern bekannt hat. Die Mitarbeiter hätten trotz großer personeller Unterbesetzung Enormes geleistet. Ebenfalls wurde auf die laufende übergreifende Prozessoptimierung hingewiesen, die der Experte zu erwähnen vergaß. Ein für die Rheinzeitung möglicherweise unbefriedigender Verlauf, denn diese Behördensachlichkeit birgt die potenzielle Gefahr, dass das Thema langweilig wird. Also schnell nochmal den Experten zitiert, der sagte, dass es keine Vertrauenskultur mehr gebe.

Lieber Krieg als Koblenz

Und siehe da, es geht noch was. Dieses Mal im Journal zum Wochenende, was erhebliche journalistische Freiheiten erlaubt, denn dieses Mal stand ein bekennender „Hartz-IV-Beamter“, ein „Mittdreißiger“ im Mittelpunkt. Auch er schüttet sein Herz aus gegenüber der Rheinzeitung, schließlich frisieren seine Chefs Statistiken, wäre er lieber im Norden geblieben, wurde seine Ehrlichkeit nicht honoriert. Als Angehöriger des gehobenen technischen Dienstes in der Bundeswehrverwaltung muss er sich um „lästigen Verwaltungskram“ kümmern! Die Verwaltung wiederum lässt ihn gefühlt im Stich, gibt ihm keinen aus seiner Sicht angemessenen Dienstposten, woraufhin er sich in gefährliche Auslandseinsätze flüchtet. Aber das BAAINBw, dieser „Elefantenfriedhof“, vermiest ihm irgendwann auch das, er darf nicht mehr in die Einsätze, weil er nicht mehr Abkömmlich ist. Er klagt „das ganze System ist krank“, hat aber Glück, weil wie durch ein Wunder ein Dienstposten frei wird, der seinen Fähigkeiten angemessen ist. Ein Happy End, obwohl es höhere Beamte ohnehin zu viele gebe. Doch lieber Koblenz als Krieg!

Es steht in der Rheinzeitung, es ist wahr

Nach dem bisher in der Rheinzeitung gelesenen „Coming outs“ ist nicht auszuschließen, dass weitere Menschen diesen Weg einschlagen und abrechnen. Dem Redakteur darf man neben Hartnäckigkeit ein gutes Gespür für Themen attestieren, die gelesen werden. Die Analogie zum journalistischer Spürhund ist durchaus respektvoll zu verstehen! Aber diese simplifizierenden Verfälschungen, diese Versuche, aus wenigen Einzelfällen eine Grundsatzproblematik herbeizuschreiben, gehen zu weit, weil dieses Verhalten geradezu populistische Züge trägt. Werden so nicht Misstrauen in der Belegschaft gesät, unterschwellige Ressentiments gegenüber Führungskräften geweckt, latente Vorurteile gegenüber Staatsdienerinnen und Staatsdienern bestätigt? Trumpismus in Koblenz brauchen wir nicht, Hollywood sollte Hollywood bleiben. Koblenz bleibt sowieso Koblenz. Man möge deshalb an die Kolleginnen und Kollegen denken, die sehr engagiert einen mehr als ordentlichen Job machen, die in der Zeitung pauschal und verletzend attackiert werden, sich aber nicht wehren können. Oder es auf diesem Niveau nicht wollen.

Bitte nicht nachmachen!

In einem so großen Personalkörper wird es immer Probleme und Herausforderungen geben, das lässt sich schon statistisch ableiten. Wenn sie selbst oder ein Mensch aus dem Kollegenkreis nicht mit genügend Herausforderungen konfrontiert werden und das zum Problem wird, muss unverzüglich gehandelt werden. Arbeit geht dahin, wo sie gemacht wird, sagt ein geflügeltes Wort. Es gibt immer Gründe, warum Arbeit ungleich verteilt ist. Finden sie heraus, warum das so ist, wenn es ein Problem gibt und schaffen sie es aus der Welt. Reden hilft, sagte Staatsekretärin Dr. Suder, recht hat sie! Ja, Verwaltung ist nicht immer Unterhaltung, die Arbeit ist manchmal nervig und stupide, aber dafür wird man bezahlt, das wollen wir nicht vergessen. Wer aber dauerhaft mit den Kolleginnen und Kollegen nicht klarkommt, mit der Arbeitskultur dauerhaft unzufrieden ist und hinter jeder Hecke einen Scharfschützen sieht, sollte sich selbstkritisch fragen, wie klug es ist, seinen Arbeitgeber bzw. Dienstherrn öffentlich anzuprangern.

Wie verhält sich der VBB?

Kommen wir zurück zum Anfang: Zuerst haben wir die Geschehnisse als Satire eingeordnet, nun tendieren wir zur Tragödie. Die Protagonisten hat es auf die große Bühne getrieben, aber stehen sie nun als Helden da?

Die Entscheidung fiel nicht leicht. Der VBB will den Protagonisten keine Bühne bieten, aber Transparenz tut Not bei dieser Negativkampagne, die einige schon als Schlammschlacht bezeichnen. Das müssen sich die Kolleginnen und Kollegen, die Soldatinnen und Soldaten nicht bieten lassen. Deshalb wird der VBB seine guten Kontakte weiter nutzen, um weiteren Schaden von unseren Kolleginnen und Kollegen abzuwenden. Vertrauensvoll und sachlich, so wie es die Mitglieder schätzen.

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